Der Gutsbesitzer Puntila ist herzhaft ordinär; ein alle Welt umarmender, letztlich sympathischer Kerl – solange er besoffen ist. Hat er aber einen seiner grauenvollen Anfälle von Nüchternheit, so entlarvt er sich als blutsaugerischer Kapitalist. Im Suff hat er Matti als Chauffeur engagiert und sich mit vier Mädchen gleichzeitig verlobt, will er Matti als Schwiegersohn haben statt eines schnöseligen, lächerlichen Attachés. Matti kann die Gutsbesitzerstocher freilich nicht gebrauchen: In einer Prüfung erweist sie sich als ungeeignet, Frau eines Chauffeurs zu sein, denn ihr fehlen sämtliche lebenspraktischen Qualitäten einer Proletarierin. In einer der grossartigsten Saufszenen der deutschen Dramenliteratur erweist sich schließlich Puntilas Patriotismus als nichts weiter als despotischer Besitzerstolz. Der ihm moralisch wie geistig überlegene Matti verlässt ihn am nächsten Morgen: „Der Schlimmste bist du nicht, den ich getroffen./Denn du bist fast ein Mensch, wenn du besoffen./Der Freundschaftsbund konnt freilich nicht bestehen./Der Rausch verfliegt. Der Alltag fragt: Wer wen?“ Ähnlich wie in DER GUTE MENSCH VON SEZUAN gestaltet Brecht im PUNTILA die These, der Kapitalismus zwinge den Menschen zur Bewusstseinsspaltung: Unter dem Druck der Verhältnisse verleugnet er seine eigentlich gute Natur.
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