Ein Schauspiel von Wajdi Mouawad
Jeanne, Mathematikerin, und ihr Zwillingsbruder Simon, ein Amateurboxer, werden unvermittelt aus ihrem friedlichen Leben gerissen. Ihre Mutter Nawal ist gestorben und hat mit einem merkwürdigen Testament zwei Briefe hinterlassen. Sie, die seit fünf Jahren geschwiegen hat, zwingt mit ihrem Tod ihre beiden Kinder, sich auf die Suche zu machen nach einem Vater, von dem sie bisher glaubten, er sei während des Krieges im Heimatland der Mutter getötet worden, und nach einem Bruder, von dessen Existenz sie bisher überhaupt nichts ahnten.
Widerwillig reisen Jeanne und Simon in das ferne Heimatland der Mutter. Dort führt die Suche nach Bruder und Vater ins Zentrum des eifrig gehüteten Geheimnisses ihrer eigenen Herkunft. Stück für Stück dringen Jeanne und Simon in die unbegreifliche Geschichte einer sich stetig aufbauenden Katastrophe, und jenseits der schweigenden Mutter entsteht das Bild einer unangepassten, aufbegehrenden Frau, die mit allen Mitteln gekämpft und grausam verloren hat. Mit jeder neuen Spur entfernen sich die aufgeklärten jungen Menschen weiter von ihrer scheinbar geschichtslosen Ahnungslosigkeit. Auf einmal hat der einst so ferne Bürgerkrieg, dessen Kriegsverbrecherprozesse die Mutter sich zehn lange Jahre angeschaut hat, mehr mit ihnen zu tun, als sie ertragen können.
Die langsame Enthüllung der Wahrheit vollzieht sich bei Wajdi Mouawad in einem spannungsreichen Geflecht verschiedener Zeitebenen und Örtlichkeiten. Die Gleichzeitigkeit des scheinbar Unzusammenhängenden rückt das Drama in die Parabelhaftigkeit einer modernen Tragödie.
Regie: Stefan Bachmann
Bühne: Hugo Gretler
Mit Klaus Brömmelmeier, Regina Fritsch, Sabine Haupt, Markus Hering, Daniel Jesch, Melanie Kretschmann, Juergen Maurer
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