Theaterstück von Joshua Sobol, Israel - -
Eine einsame Gegend in einem unbekannten Land. Eine Frau, die bis zur Brust eingegraben in die Erde ist. Ein Mann, der seltsamen Verrichtungen nachgeht. Ein klarer und sonniger Tag – doch wird es auch ein glücklicher Tag gewesen sein? Nur für einen kurzen Moment führt Joshua Sobol auf eine falsche Fährte; es ist nicht Samuel Becketts Winnie, die Heroine des absurden Theaters, die, in einem Erdhaufen steckend und umkrochen von ihrem Willie, das Leben dennoch als täglich neues Fest zu zelebrieren versucht.
Was bei Beckett bildhaft-absurd ist, wird bei Sobol zur konkreten Situation, aus der abstrakten Bedrohung (Winnie versinkt tiefer und tiefer in der Erde) wird eine erschreckend reale: Denn Sobols Heldin wurde soeben gewaltsam in das Erdloch gesteckt, und der stumme Mann sammelt Steine; ganz offensichtlich soll er ihre Steinigung vorbereiten. Die Frau nämlich hat nach Meinung der Sittenwächter ihres Landes ein furchtbares Verbrechen begangen: Sie ist eine Ehebrecherin. Sie, eine Englischlehrerin, hatte eine Liebesaffäre mit ihrem jüngeren (und wie auch sie verheirateten) Schüler. Sie wurde denunziert, und nach den strengen religiösen und moralischen Vorstellungen in diesem autoritären Unrechtstaat gibt es nur eine mögliche Strafe: die Steinigung. Die nun an diesem schönen, sonnigen Tag vollzogen werden soll. Und, besonders perfide: Ihr junger Liebhaber wurde gezwungen, sie in das Loch einzugraben und die Steine für die Hinrichtung aufzuschichten. So sieht es zumindest aus für die Frau, die, obschon ihre Augen verbunden sind, ihn sofort an seinen Schritten erkannt hat. Allerdings nimmt die Begegnung der beiden eine ungeheuerliche Wende; denn nachdem die Frau ihren Geliebten und Peiniger hat überzeugen können, ihre Kapuze abzunehmen und mit ihr zu reden, nachdem sie gesehen hat, dass er keine Zeichen von Folter und Misshandlung aufweist, keimt ein ungeheuerlicher Verdacht in ihr auf.
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