Theaterstück von Harald Mueller - -
Rosel hat sich in einem Lokal der besseren Sorte mit einer imaginären Jugendfreundin verabredet. Zum ersten Mal seit über zwanzig Jahren. Rosel beginnt mit großer Emphase an die vergangenen, glücklichen Tage zu erinnern. Als Arzttochter stand ihr eine vermeintlich rosige Zukunft bevor. Sie nahm Geigenunterricht, war das schönste Mädchen von allen und träumte von einer erfolgreichen Karriere. Doch studieren durfte nur ihr Bruder Konrad. Ihr Vater meldete Rosel auf einer Hotelfachschule an, denn der Weg, der für eine Frau vorgezeichnet war, hieß ein Mann, Kinder, ein eigenes Heim. Im Hotel ließ sie sich mit einem Gast ein und wurde daraufhin sofort entlassen. Ihr Vater half ihr nicht, sie war ganz allein auf sich gestellt. Als der Wein alle ist, wechseln Rosel und ihre stumme Begleiterin das Lokal. Jetzt trinkt man Whisky. Doppelte. Und nun entblättert sich die Geschichte eines Abstiegs, bewirkt durch Alkohol und Männer. Aller Schein fällt ab, und jede neue Geschichte zeigt, wie tief Rosel gestürzt ist. Die Talfahrt dieser Lebensgeschichte hat ihr Äquivalent im Sprachlichen - immer nur bergab.
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