Schauspiel von Gotthold Ephraim Lessing
Jerusalem zur Zeit des dritten Kreuzzuges: Der reiche Jude Nathan kehrt von einer erfolgreichen Geschäftsreise zurück. Da erfährt er, dass sein Haus gebrannt hat und seine Tochter Recha das Unglück nur wie durch ein Wunder überlebt hat. Ein christlicher Tempelherr, einer jener Kreuzritter, der Jerusalem für die Christen zurückerobern sollte, rettete das Mädchen aus den Flammen. Doch als Nathan ihm persönlich danken möchte, reagiert der schroff. Er möchte als christlicher Tempelritter nicht mit einem Juden verkehren. Doch da er ein feinsinniger, kluger Mann ist, verschließt er sich immer weniger Nathans Argumenten, dass sie beide ebenso wie die anderen Christen und Juden doch in erster Linie Menschen seien und dann erst Angehörige einer Religion. Als der Tempelritter dann auch noch Recha wiedertrifft, verliebt er sich sofort und hält bei Nathan um ihre Hand an. Doch warum weicht Nathan ihm da aus? Daja, das Dienstmädchen des Juden steckt ihm schließlich, dass Recha nur die angenommene Tochter Nathans und eigentlich auch Christin sei. Eine Tatsache, die den Tempelherrn zutiefst empört und die er seinem geistlichen Oberhaupt, dem Patriarchen zuträgt. Für den steht auf diesen "Raub" eines Christenkindes aus der religiösen Gemeinschaft ganz klar die Todesstrafe: "Der Jude wird verbrannt."
Als Gotthold Ephraim Lessing 1779 seinen "Nathan" schrieb, verlegte er damit den Streit um die Bedeutung der Religion ins Theater. Gerade hatte ihm der Braunschweiger Herzog verboten, weiter seine Polemiken gegen den Hamburger Hauptpastor Goeze zu veröffentlichen, welche die kirchlichen Würdenträger so tief empörten. Lessing vertrat mit spitzer Feder und großer Vehemenz die Ansicht, dass die wahre Religion nicht im Bekenntnis zu kirchlichen Lehren, sondern in der praktischen Nächstenliebe bestünde. Die institutionalisierte Lehre stünde einzig im Interesse der Machtausweitung der Kirche.
Sein Nathan, den alle nur "den Weisen" nennen, ist mehr als die Gestalt gewordene Idee von Vernunft, Toleranz und Nächstenliebe. Er ist vor allem ein Mensch, der in seinem Leben geliebt und gelitten hat, und den seine ganz persönlichen Erfahrungen zu der Überzeugung gebracht haben, die er mit Leib und Seele vertritt. Das Theater Heilbronn will mit dieser Nathan-Inszenierung keine Ideologien, sondern lebendige Menschen mit all ihren Leidenschaften und komplizierten Verstrickungen auf die Bühne bringen. Die Aktualität dieses Stoffes liegt in diesen Zeiten des ausgeprägten religiösen Fanatismus auf der Hand.
Inszenierung:
Alejandro Quintana
Bühnenbild:
Lars Betko
Kategorie
Kultur > Theater