Wenn wir den Namen Medea hören, denken wir sofort an die ganz grossen Gefühle und ihre tragischen Folgen: An Kindsmord und Eifersucht, an Hass und Raserei. Schon deswegen gehört ihre Geschichte bis heute zu den bekanntesten Mythen der griechischen Antike. Aber Medea ist auch die sehr gegenwärtige Geschichte einer doppelten Fremdheit: Einer jungen Frau, die ihre Heimat verlässt, weil sie sich dort, wo sie lebt, fremd fühlt, und statt zu bleiben, lieber dem Mann folgt, den sie liebt: Jason. Und die dort, wo Jason lebt, wieder fremd ist, als Barbarin verschrien und als Ungläubige verunglimpft.
Kompliziert wird die Geschichte dadurch, dass auch Jason doppelt fremd ist: In Medeas Heimat gilt er als Eindringling, als Ungläubiger und als Fanatiker, der gekommen ist, um die Kultur des Landes zu zerstören und mit dem Goldenen Vlies das Heiligste zu rauben. Und zu Hause ist er ebenfalls fremd, weil er nicht alleine zurückkommt, sondern Medea mitbringt, die Andersartige, die nicht dazu gehört und so sehr auf den Bräuchen und Kulturen ihres Landes beharrt. Alles eine Frage der Perspektive also.
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