Oper in zwei Akten von Salvatore Sciarrino -
Mit einer betörend schönen Melodie, dem Zitat einer Elegie des Renaissance-Komponisten Claude Le Jeune, gesungen von einem Countertenor, beginnt Salvatore Sciarrino seine Oper Luci mie traditrici. Betörend schön – doch wird der Verfall einer Schönen besungen. Die Melodie wird wiederkehren, dabei immer zerbrechlicher klingen, um sich am Ende fast gänzlich aufzulösen in Sciarrinos Komposition, die er selbst als »Renaissance der Musiktragödie« bezeichnet.
Die Geschichte, die Sciarrino zu seiner 1998 uraufgeführten Oper inspirierte, führt zu einem anderen Komponisten der Renaissance: Carlo Gesualdo, Fürst von Venosa, schuf für seine Zeit unerhört neu klingende Madrigale. Mythische Unsterblichkeit erlangte er allerdings auf anderem Wege – durch den brutalen, doch kühl vorbereiteten Doppelmord an seiner Frau und ihrem Liebhaber. Fast 50 Jahre nach Gesualdos Tod schrieb der italienische Dichter Giacinto Andrea Cicognini über diesen Vorfall ein Drama, aus dem Sciarrino sein dichtes Libretto über die Grundkonflikte Liebender destillierte: der Wunsch nach ewiger Liebe, der mit spontaner Leidenschaft kollidiert, Sehnsucht, die in Besitzanspruch umschlägt, Selbstquälerei mit unerwidertem Begehren, die Enttäuschung und Rachegelüste fördert. »Auch das Publikum«, so der Komponist, »weiß, was geschehen wird, was unvermeidbar ist. Es entdeckt den Zauber der Aufführung, wird eins mit den Akteuren, die uns über uns hinausführen. Mitten im Publikum wird eine nicht mehr für möglich gehaltene, verloren geglaubte Empfindung spürbar.« Tatsächlich erwächst aus der Spannung zwischen dem grellen Stoff des Eifersuchtsmords und den zarten Klängen der Partitur ein Kammerspiel von ungewöhnlicher Intensität.
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