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Diktatorengattinnen

Bert Neumann hat ein Oval Office in die Volksbühne gebaut, in dem die Queen, Imelda Marcos, Elena Ceausescu telefonieren und andere Diktatorinnen der Herzen. Aber es gibt nicht nur diese ovale Beeindruckungsmaschine, sondern auch einen Schießstand in dem "kalt aus der Hüfte geschossen wird". Was wir bevorzugen. Die Diktatorengattinnen und ihre Doppelgängerinnen (ausgewählt, um ihre Stalker zu verwirren), und ihr Leben im Selbstwiderstand. Die Ästhetik des Widerstands muss eine Ästhetik des Selbstwiderstands sein. Alles andere ist Scientology. "Wir sind alle gleich und gleichzeitig ist keiner so wie der andere." Das ist ein tragisches Verhältnis. Im Theater sind allerdings die Unähnlichen darauf trainiert, sich in den Ähnlichen zu sehen, und eine Beeindruckungsmaschine von Leben, Liebe und Verzweiflung nachzuvollziehen "zum Vorteile der Reproduktion des Lebens als Wert". Also bleibt alles äußerst spannungsarm gleich, so wild es sich auch gebärdet.

Die Diktatorengattinnen schießen kalt aus der Hüfte. Müde von der Beeindruckungsmaschinerie, die immer unsere Verzweiflung will und vor allem, dass wir sie uns ranschaffen und Texte mit Leben versorgen, ohne es in Frage zu stellen. So eine Schauspielerin... äh... Diktatorengattin, die das tut, könnte aber eines nicht: eine radikale Absage ans Leben teilen. Dann müsste sie sich nämlich umbringen. Das soll sie natürlich nicht, aber sie soll auch nicht mit einem Leben davonkommen, das wieder nur alle teilen. "Unerträglich ist weniger das Unglück, das Leid oder die Armut als vielmehr die Macht selbst und ihre Arroganz." (Baudrillard)

Nein, sich nicht das Leben ranschaffen müssen und die Verzweiflung! Das kennen wir von der Liebe und wir bevorzugen das: Dieses a u t o m a t i s c h e Interesse an jemandem, ein Interesse, das ich mir nicht dauernd "besorgen" muss, zudem ich mich nicht dauernd überreden muss. Nein, es gibt dieses automatische Interesse an deiner Gegenwart. Seid hingerissen, von euren tragischen Verhältnissen! Und nicht von der Liebe. Es gibt ja nichts zu lieben in diesen nackten Leben.

Mit: Christine Groß, Mira Partecke, Sophie Rois und Volker Spengler
Text und Regie: René Pollesch

"Pollesch, ein Großmeister des szenisch-textlich gemischten Salats, versorgt die Damen mit ungeheuren Mengen von Sozio-Phrasen, Kalauern und verrückten Nonsens-Aphorismen." (Berliner Morgenpost)

"Lässig werden die Rollen herumgereicht, cool die Szenen abgespult. Es ist, als ob Pollesch Urlaub von seiner sonstigen Theorieschwerstarbeit machen würde. Legt die Beine hoch und lässt das Theater Theater sein. Der nächste Theoriesturm kommt bestimmt, diesmal aber verbreitet Pollesch gute Laune, indem er herzallerliebst eine kleine Scherzerei veranstaltet. Theater für das postmoderne Kind in uns. Eine Petitesse. Aber was für eine!" (Berliner Zeitung)

"Aber eigentlich geht es natürlich, wie immer bei Pollesch, ums abhandengekommene Ich, den lustig zur Schau gestellten Generalverdacht gegenüber sämtlichen Repräsentationspraktiken und damit eben auch um das ewige Dilemma des Schauspielers." (Tagesspiegel)

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