Von Andres Veil und Gesine Schmidt
Am 13. Juli 2002 wird der 17-jährige Marinus Schöberl im brandenburgischen Potzlow von seinem Freund Marcel, dessen älterem Bruder Marco und einem weiteren Gleichaltrigen stundenlang misshandelt und anschließend brutal hingerichtet. Dem Mord voraus gehen ein geselliges Beisammensein auf Gartenstühlen und die Leerung von wenigstens einem Kasten Bier. Marinus Schöberl wird bereits in der Trinkrunde zur Zielscheibe verbaler und körperlicher Angriffe. Er wird bewusstlos geschlagen. Die Freunde flößen ihm Schnaps ein, bis er sich erbricht, urinieren auf ihn und traktieren ihn solange, bis er zugibt, »ein Jude« zu sein. Schließlich schieben die Freunde ihr Opfer auf einem Fahrrad zu einem verlassenen LPG-Gelände. In einem leeren Stallgebäude quälen sie ihn weiter. Zuletzt fordern sie ihn auf, in die Betonkante einer Futterrinne zu beißen, und springen ihm auf den Kopf. Danach erschlagen sie den immer noch Lebenden mit einem Gasbetonstein und werfen seinen Körper in eine Jauchegrube.
Niemand im Dorf sucht nach dem verschwundenen Marinus, auch nicht, als sein herrenloser Rucksack gefunden wird. Das Dorf schweigt.
Der Dokumentarfilmer Andres Veil suchte zusammen mit der Dramaturgin Gesine Schmidt nach den Spuren, die der Tod von Marinus Schöberl bei den Tätern und den Einwohnern des Dorfes hinterlassen hat. Die Uraufführung des Stückes am Maxim Gorki Theater Berlin in Veiels eigener Regie wurde 2006 mit Einladungen zum Berliner Theatertreffen und zum Wettbewerb der Mülheimer Theatertage ausgezeichnet.
Mit Iris Albrecht, Nicole Lippold, Tabea Scholz, Cammill Jammal, Jon-Kaare Koppe und Florian Schmidtke
Regie: Katharina Holler
"Freunde werden Feinde; Täter werden Opfer; und alle sind ratlos. Das klingt nach 5 Minuten, ist aber gleichzeitig für Tage fesselnd erzählt. Ich mag die Handschrift, keine Schnörkel, keine Extras, nichts Spektakuläres, aber den Zuschauer holt die Identifikation mit der Realität der Bühne ein. Wir kennen diese Jungs, sie sind unsere Nachbarn. Schütteln, Bibbern und etwas resignierend verlässt man den ,Kick von Katharina Holler, danke für Ernsthaftigkeit und viele Gedanken." (lebensrausch.com)
Kategorie
Kultur > Theater