Theaterstück von René Pollesch - - Der General, Volksbühne Am Rosa-Luxemburg-Platz Berlin . .
Könnt ihr euch erinnern? In einer Stadt- oder Mehrzweckhalle irgendwo in Stuttgart hatten sie für ein Gastspiel ein Bühnenbild aufgebaut, und das stand auf einer Drehbühne. Das Stück war so ein Politstück über die Kunst und das Leben, Kunst und Leben in einem neuen Funktionszusammenhang. Und die Aufführung begann und sie stellten die Drehbühne an für eine Bühnenverwandlung. Das Bühnenbild zeigte zu Anfang eine Strasse mit einer Tür und dann sollte eine Szene in einem Wohnzimmer stattfinden, so in der Art. Sie stellten also die Drehbühne an, und als sie sie beim Wohnzimmer stoppen wollten, ging das nicht mehr. Sie hielt einfach nicht an, gar nicht mehr, den ganzen Abend nicht. Und die Schauspieler konnten jetzt natürlich nicht mehr die Orte für ihre Auftritte finden. Jeder Auftritt, jede Tür war immer nur ein paar Sekunden dort, wo man jemandem hätte begegnen können.
Weisst du, und so geht es mir auch mit dir. Du, du redest immer von einem Zeitfenster, und dass das mit uns im Moment nicht geht. Wir uns einfach nicht im richtigen Zeitfenster getroffen hätten. Aber weisst du, selbst dass sich zwei Päpste treffen ist im Moment kein Witz mehr. Das ist nicht länger mehr nur in einem Kopf und an einem Ort, der nicht von dieser Welt ist. Die Päpste haben ja jetzt auch irgendwo eine Heterotopie, die für den Rest der Zeit ein Mädchenkloster ist. Die Liebe kennt keine Exe, und der Katholizismus kennt keinen Expapst. Aber jetzt ist alles anders. Ich kann es dir nur entweder mit dem Papst erklären oder mit einer Mehrzweckhalle in Stuttgart. Erklär du mir doch mal dein Zeitfenster. Das versteht doch auch kein Mensch.
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