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Anatomie Titus Fall Of Rome

Ein Shakespeare-Kommentar von Heiner Müller

"Titus Andronicus" von William Shakespeare ist ein Stück der Extreme und des Extremen. Heiner Müller bearbeitete Shakespeares Vorlage 1984 unter dem Motto: "Der Menschheit/ Die Adern aufgeschlagen wie ein Buch/ Im Blutstrom blättern", da das krude, blutrünstige Stück ideal zu seinem Verständnis von Geschichte als permanenter Abfolge von Katastrophen passte. Angelehnt an Shakespeares Plot kehrt Titus Andronikus, erfolgreicher Feldherr der Römer, nach seinem Sieg über die barbarischen Goten heim. Mit sich führt er als Gefangene die Gotenkönigin Tamora, zwei ihrer Söhne und ihren schwarzen Liebhaber.

Als Vergeltung für seine über 20 auf Schlachtfeldern gefallenen Söhne lässt er ihren jüngsten Sohn hinrichten. Sie sinnt auf Rache, und verknüpft mit dem Streit um die Nachfolge auf dem Kaiserthron Roms beginnt ein blutiges Machtspiel. Am Ende der in Gang gesetzten Tötungsmaschinerie stehen 14 Leichen, darunter ein Lebendbegräbnis, Vergewaltigung, Verstümmelung, Kannibalismus, Meuchelmord und Wahnsinn, die anfangs morsche Welt ist endgültig zum Einsturz gebracht. Für Müller war sein dialektisches Denkspiel »ein aktueller Text über den Einbruch der Dritten Welt in die Erste Welt, mehr "ein Seneca für den Jahrmarkt als eine Tragödie". Geschichte wird hier zum Material einer kollektiven Selbstverständigung und die serielle Häufung des Schreckens treibt die Tragödie in die Farce.

Regie: Dimiter Gotscheff
Darsteller: Jule Böwe, Margit Bendokat, Almut Zilcher, Sebastian Blomberg, Samuel Finzi, Wolfram Koch, Stefan Konarske und Mirco Kreibich

"Dies alles hellt das Zuschauerhirn derart auf, dass er es mit Müller und Shakespeare und sonstwem glaubt aufnehmen zu können. Es sind - etwas spaßorientierter angewendet - dieselben Theatermittel, die bei ,Die Perser den Zuschauer zur Demut riefen. Gotscheff und sein Ensemble sind etwas Großem auf der Spur, etwas Unmöglichem und sehr Theaterursprünglichem: Sie machen Gedanken von Toten zur Erfahrung von Lebenden." (Berliner Zeitung)

"Solch ein prachtvolles, den Text in 1001 Nuancen beatmendes Ensemble wie hier sieht man nicht alle Tage. Heraus ragt Wolfram Koch als gedemütigter Feldherr Titus Andronikus, dem man die Tochter schändet und die Söhne mordet. Pentameter für Pentameter gleitet er weiter in den Wahnsinn ab, der dann doch eine Rachemethode ist." (Die Welt)

"Obwohl sie ein grauenvolles Schlachtfest veranstalten, fließt in Gotscheffs glasklar aufbereiteter, fiebrig suggestiver Inszenierung kein Tropfen Blut. In seiner lupenreinen Choreographie des Schreckens bestimmt maßgeblich der famose Samuel Finzi als ,wilder Neger Aaron das Geschehen. " (FAZ)

"»In der Shakespearschen Geschichte vom Titus Andronikus und seiner geschändeten Tochter Lavinia und in den zahllosen Morden und Verbrechen des Stücks erkannte Heiner Müller in den 80er Jahre Material für seine bevorzugte Theorie der Geschichte: Menschen lernen nur aus Katastrophen. Am Deutschen Theater ist allerdings kein Katastrophendekor aufgebaut; sondern lediglich ein schwarzer weiter Kubus. Zunächst sind die acht Akteure zu einer Gruppe im Bühnehintergrund formiert, sprechen die Texte im Chor und erobern nur langsam das leere Spielfeld. Erst allmählich werden aus ihnen die Figuren einer Mordgeschichte aber Dimiter Gotscheffs karg-wirkungsvolle Inszenierung verzichtet auf die blutrünstigen Aspekte und vordergründige Schreckensbilder zugunsten einfacher theatralischer Mittel. Das einzige Requisit ist ein riesiges gelbes Seidentuch, das mal über den Köpfen der Akteure weht, mal langsam auf die Bühne sinkt oder kurz gefasst als Vorhang eines ambulanten Puppentheaters dient." (Deutschlandradio Kultur)

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